Wie gefährlich ist Magic?

 

Glücksspielvorwürfe gegen das Jugendhaus compass sind nicht zu halten

 

Von Karl-Günter Balzer

 

Gespräch über den Jugendschutz: Thomas Graf (v.l.n.r.), Oliver Bein, Ute Wieder, Markus Klonk (Gesprächsleitung), Martin Wieder, Dieter Schmitz und Pfarrerin Elke Kirchhoff-Müller (Foto: Karl-Günter B

Dunkle Gestalten im Hinterzimmer. Karten in den Händen. Cooler Blick aus Schlitzaugen. Wenig Worte - hoher Einsatz. Das Taschengeld liegt auf dem Tisch. Darf man sich das so vorstellen? „Vorwurf: Glücksspiel im Jugendhaus“ hatte die Oberhessische Presse (OP) am 5. September auf Seite 3 getitelt. In der Unterzeile wurde dann die Ahnungslosigkeit der Verantwortlichen behauptet: „Evangelische Kirche weiß von nichts“

Sehr wohl wissen die Verantwortlichen im Evangelischen Jugendhaus compass etwas davon. Seit drei Jahren trifft sich eine Gastgruppe von jungen Erwachsenen in einem zur Verfügung gestellten Raum, um „Magic“ zu spielen. Dabei handelt es sich um ein Rollenspiel mit Karten. Diese werden mitgebracht, erhältlich sind sie in Spielwarengeschäften und im Internet. Oft werden sie aber schlicht von den Spielern getauscht.

Aufgeschreckt durch die etwas reißerische Berichterstattung der OP wollten die Veranwortlichen des Evangelischen Stadtjugendpfarramtes noch etwas mehr wissen. Markus Klonk, Diakon und Leiter des compass, sowie Stadtjugendpfarrerin Elke Kirchhoff-Müller hatten am 24. September eine Fachrunde im Martin-Luther-Haus zu einem Gespräch über die Gefahren des Spieles eingeladen. Weitere 25 Zuhörer waren erschienen, die sich zum Teil als leidenschaftliche Magic-Spieler zu erkennen gaben und sich rege an der Diskussion beteiligten.

Magic ist kein Glückspiel! Darin waren sich die Fachleute schnell einig. Martin Wehnert, Spiel-Experte, erklärte die Regeln des Kartenspieles und verglich es mit einer anspruchsvollen Version von Pokemon für Jugendliche und Erwachsene. Ute Wieder, Fachfrau vom Ordnungsamt Marburg zum Thema Jugendschutz, ordnete Magic als Geschicklichkeitsspiel ein. Selbst wenn sich die Spieler zu Beginn auf einen Preispool von z. B. zwei Euro pro Teilnehmer einigen würden, sei dies weit unterhalb einer verbotenen Grenze, die laut Spieleverordung bei 15 Euro läge.

Magic macht nicht süchtig! Das war die zweite Erkenntnis dieses Abends. Dieter Schmitz, der sich beim Diakonischen Werk Oberhessen (DWO) mit Glücksspielsucht befasst und Thomas Graf, der bei der gleichen Einrichtung für Prävention, Jugendschutz und Online-Spiele in der  Suchtberatung zuständig ist, vermochten keine Suchtgefahr bei Magic  zu erkennen. Dafür fehle der schnelle Kick und der alleinige Zufallsfaktor, der über Gewinn und Verlust entscheide. Stattdessen stehe die Kommunikation und die Geschicklichkeit der Spieler im Vordergrund.

Auf den Einwurf aus dem Publikum, dass es sehr wohl einen großen Reiz bei den Spielern gebe, immer neue Karten zu kaufen, wurde auf dem Podium zwischen dem eigentlichen Spiel und der Sammelleidenschaft einzelne Spieler unterschieden. Diese Sammelleidenschaft treffe durchaus auf ein kommerzielles Interesse des Verlages und der Händler. Das sei aber eigentlich ein Randthema.

Insbesondere Oliver Bein von Jugendamt der Stadt Marburg machte auf die pädagogische Verantwortung im Jugendhaus aufmerksam. Diese sah er bei Klonk und Kirchhoff in guten Händen.  Sehr eindrücklich hatte Klonk bereits am Anfang darauf hingewiesen: „Wir machen hier Jugendschutz!“ Die OP stellte am 26.09. klar: „Experten: Magic ist kein Glücksspiel“.

Und was war nun mit den Vorwürfen, die zunächst in der OP erschienen waren? Auf dem Podium wurde dieses nicht mehr thematisiert. Beim anschließenden Gespräch wurde allerdings aus den Reihen der Zuhörer vermutet, dass vermutlich ein kommerzielles Interesse eines Marburger Ausrichters von Magicturnieren der eigentliche Grund für die Vorwürfe sei.  „Hier will wohl jemand, dass nur in seinem Laden gespielt wird!“ vermutete ein Spieler.