Religionsunterricht – Schulseelsorge - Schulgemeinde
Bischof Hein informiert sich zum Thema „Kirche und Schule“
Von Karl-Günter Balzer
Gespräch mit der Konferenz der Schulpfarrer (Fotos: Karl-Günter Balzer)
Gespräch mit dem Elternbeirat der Melanchton-Schule
Gespräch im Staatlichen Schulamt Marburg
Steinatal. Marburg. Kirchhain. Der Religionsunterricht hat es schwer. In einer Zeit, in der das religiöse Wissen und die religiöse Bindung zurückgehen, wird nach seiner Berechtigung gefragt. Im Mittelpunkt des Interesses stehen die wissenschaftlichen Fächer, während die sogenannten „weichen“ Fächer wie z. B. Sport, Musik, Kunst und Religion als nicht so wichtig angesehen werden. Eine Klassenlehrerin empfiehlt da schon einmal ihren Schülern, das Fach zu schwänzen. Und es werden Stimmen laut, die die Religion am liebsten aus den Schulen verbannen möchten.
Für den Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Prof. Dr. Martin Hein, war dies Anlass zu einer dreitägigen Besuchs- und Gesprächsmarathon in Schulen, Einrichtungen und Konferenzen auf dem Gebiet der Landeskirche. Wie steht es um den Religionsunterricht und wie ist es überhaupt um das Verhältnis von Kirche und Schule bestellt? Das waren die Fragen, die in zahlreichen Gesprächen erörtert wurden.
Dabei traf Hein auf eine überraschend positive Würdigung des evangelischen Religionsunterrichts. Ihm wurde eine friedensstiftende Wirkung auf das Schulklima zugeschrieben. Dr. Michael Dorhs, Schulreferent der EKKW, berichtete von Erfahrungen aus Frankreich und den USA, in denen es aufgrund einer strikten Trennung von Kirche und Staat keine religiöse Bildung an den öffentlichen Schulen gebe. Das Wissen über die eigene Religion sei gering und das Verständnis religiöser Texte nicht vorhanden. Umso stärker sei gerade in den USA der naive Fundamentalismus vieler Christen.
Dr. Gudrun Neebe, Direktorin des neugegründeten Religionspädagogischen Instituts (rpi) in Marburg, wusste von ähnlichen Erfahrungen aus Frankfurt und Kassel zu berichten. Empfänglich für fundamentalistische Hassprediger im islamischen Bereich seien meist religiös-ungebildete Jugendliche. Und gerade in Krisensituationen werde von den Schulen der Religionsunterricht neu eingefordert. Bischof Hein begrüßte ausdrücklich die Einführung auch des konfessionellen Islamunterrichts in Hessen.
Im Gespräch mit Schulleiter Frank Heiwig und einem Teil des Lehrerkollegiums an den Beruflichen Schulen in Kirchhain kam die Wertschätzung für das Unterrichtsfach zum Ausdruck. Der Religionsunterricht sei positiv für die Schüler und die Schule. Seit 2010 habe die Schule die Unterrichtsabdeckung für Religion von 20 auf 56 Prozent gesteigert – und das solle weitergehen.
Ein Höhepunkt dieses Besuches war das Gespräch des Bischofs mit Auszubildenden. Hein wurden interessierte Fragen nach seinem Beruf, seinem Tagesablauf, seinem Werdegang, seinem Glauben und seinen Zweifeln gestellt. Und er gab offene Antworten, die zu einem intensiven und ehrlichen Gespräch mit den Jugendlichen führten.
Dass noch viel mehr möglich ist als Religionsunterricht, zeigte sich im Gespräch mit den über 60 Schulpfarrern. Neben dem Unterricht bieten sie sich auch als Schulseelsorger an. Das Wissen bei den Schülern, dass die Pfarrer eine Schweigepflicht haben, ist vorhanden und lässt häufig ein besonderes Vertrauensverhältnis entstehen. Sowohl in persönliche Krisen als auch bei öffentlichen Katastrophen ist ihr Dienst gefragt. Und manchmal entsteht sogar eine Schulgemeinde, die miteinander die besonderen Augenblicke im Schuljahr begeht. Von zahlreichen Schulen wird das Angebot gerne angenommen und gefördert.
So sollte das auch an einer evangelischen Schule sein. Schüler, Eltern und Lehrer der Melanchton-Schule in Steinatal würdigten das vertrauensvolle Klima und das soziale Miteinander an ihrer Einrichtung. Für Pröpstin Sabine Kropf-Brandau ist das noch nichts Besonderes. Zusammen mit Bischof Hein forderte sie ein ausgeprägtes evangelisches Profil dieser Schule in landeskirchlicher Trägerschaft ein. Dazu gehört für Dr. Eberhard Stock, den Dezernenten für Bildung, die Fähigkeit, Glauben zu leben, zu reflektieren und darüber Auskunft geben zu können. Eltern und Schüler unterstützten die Forderung nach mehr evangelischen Inhalten nachdrücklich gegenüber dem Bischof. Bei einem Großteil des Lehrerkollegiums finden sie mit diesen Forderungen ein offenes Gehör. Man habe sich auf den Weg gemacht und sei in verschiedenen Arbeitsgruppen dabei, das Profil zu überarbeiten und zeitgemäß zu formulieren. (13.04.2015)